Wer heute seine Ernährung ändern will, der wird in der Regel eine der aktuellen gesellschaftlichen Strömungen wählen. Die Motivationen dafür können unterschiedlich sein, die gewählten Methoden auch – doch eins haben sie alle gemeinsam: sie arbeiten mit Weglassen. Schauen wir uns das etwas genauer an.
Warum etwas verändern?
Viele Menschen spüren heute, dass mit ihrer Grundvitalität oder Gesundheit etwas nicht stimmt und sie führen das – meist zu Recht – auf die Ernährung zurück. Doch woher kommt überhaupt dieser Impuls, am Essen was verändern zu wollen? Denken wir mal ein paar Jahrzehnte zurück, da war man in unseren Breiten noch froh, überhaupt etwas zu essen zu haben. Wählerisch sein, das konnten sich unsere Großeltern kaum leisten. Erstens ging es mal ums Satt-Werden, grade in Zeiten von Krieg und Nachkriegszeit. Und dann war die Auswahl auch durchaus beschränkt auf die gewachsenen und natürlichen Zutaten: Gemüse aus dem Garten, Kartoffeln aus dem Garten, Kräuter aus dem Garten. Brot vom Bäcker im Ort. Käse aus der Region. Und gelegentlich mal ein Stückchen Fleisch.
Damit sind unsere Vorfahren ganz gut durch ihr Leben und auch durch die Krisen ihrer Jahrhunderte gekommen. Natürlich blieb nicht jeder gesund, aber kollektive Degenerationserkrankungen wie Alzheimer & Co gab es so nicht. Ich vermute, dass es auch den Gedanken „an der Ernährung was verändern zu müssen“ so kaum gab.
Heute haben wir die Qual der Wahl
In nur zwei bei drei Generationen hat sich diese Situation grundlegend geändert: die schiere Anzahl der Nahrungsmittel ist förmlich explodiert. Jeder normale Supermarkt bietet tausende an „Produkten“. Die natürlich gewachsenen Lebensmittel muss man darunter bisweilen suchen wie die Stecknadel im Heuhaufen. Zudem ermöglicht unser relativer Wohlstand, dass wir mit großer Beliebigkeit aus dem vorhandenen Angebot wählen – da kann man schonmal den Überblick verlieren.
Warum weglassen hilft
In dem Augenblick, wo wir uns für eine bestimmte Ernährungsform entscheiden, fallen automatisch die anderen Optionen buchstäblich „unter den Tisch“.
VEGAN hilft uns, alle tierischen Produkte wegzulassen und ist – weil es ethisch motiviert ist – ein starker Weg, der gleichzeitig mit der Erhöhung der Achtsamkeit gegenüber allem Leben einher geht.
VEGETARISCH hilft uns, wenigstens Fleisch und Fisch wegzulassen und nur noch die Produkte der Tiere zu essen, wie Eier oder Milch. Das bewirkt, dass wir uns in den Hauptmahlzeiten verstärkt einer variantenreichen Gemüseküche zuwenden.
MEDITERRANE Kost hilft uns, wenigstens mal frische und natürliche Lebensmittel in den Mittelpunkt zu stellen und industrielle Kunstprodukte wegzulassen.
LOW CARB bzw. kohlenhydratreduzierte Kost lässt Getreideprodukte und Kartoffeln aus, um den in der westlichen Ernährung oft viel zu hohen Kohenhydratanteil zu senken. Auch dadurch erhöht sich der Gemüseanteil und Fleisch und Fisch ersetzen häufig den vormaligen Platz der Kohlenhydrate.
PALEO-Ernährung bzw. die sogenannte Steinzeitdiät tut desgleichen und nimmt dabei Bezug auf die Ernährung unserer Vorfahren, die bis zum Beginn der Sesshaftigkeit Kohlenhydrate kaum in nennenswerter Menge zur Verfügung hatten.
ROHKÖSTLICHE Ernährung verzichtet auf Erhitzung sämtlicher Lebensmittel und arbeitet ebenfalls nur mit den natürlichen, also nicht industriell manipulierten Zutaten.
Die „weglassenden Ernährungsformen“ sind unter anderem deshalb so erfolgreich, weil sie uns im Dschungel des Überangebots unserer Nahrung eine glasklare Orientierung geben. Sie befreien uns von der Überfülle der Optionen und führen zu mehr Einfachheit auf dem Teller.
Bauplan und Funktion unserer Körpers stammen eben noch aus der vorindustriellen Zeit – wo Einfachheit der Nahrung der natürliche Zustand war. Insofern führt eine Vereinfachung der Kost mit einer Reduktion auf natürliche Zutaten immer in die richtige Richtung.
Die Schattenseite des Weglassens
Das jedoch bedeutet noch lange nicht, dass alle Menschen mit einer prinzipiellen Richtungsentscheidung des Weglassens – auf Dauer – glücklich sind. Und auf Dauer gesund bleiben. Wie sieht die Schattenseite des Weglassens aus? In meiner Praxis finde ich oft folgende Konstellationen:
Da sind Veganer, die in hohem Maße auf industrielle Ersatzprodukte zugreifen, von „künstlicher Salami“ aus Plastikverpackungen bis zu einem viel zu hohen Sojaanteil in diversen Milch-Sahne- und Creme-Ersatzprodukten.
Da sind die „Puddingvegetarier“, die zwar Fleisch und Fisch weglassen, dafür aber viel zu viel Kohlenhydrate essen und viel zu viel Süßes, also unter Heißhunger leiden und nicht selten auch unter Gewichtsproblemen.
Da sind die Fans der Mediterranen Kost, die viel zu viel Yin-Gemüse essen: also z.B. Gurken, Tomaten, Paprika, und die sich damit Energie nehmen, tendenziell eher zu Auskühlung neigen und die traditionellen yang-wertigen Bauerngartengemüse unserer Region kaum zu nutzen wissen.
Da sind die Low Carb bzw. Paleo- Anwender, deren Anteil an tierischem Fett und tierischem Eiweiß bedenklich hoch ist.
Und da sind die Rohköstler, die – um eine gewisse Zutatenvielfalt auch im europäischen Winter aufrechtzuerhalten – oft unökologisch viel Tropenfrüchte und -produkte von Mangos und Cashewkernen bis hin zu Kokosöl benötigen.
Kann es das sein? Ich finde – Nein.
Auch wenn jeder, der einen bewussteren Ernährungsweg wählt, meinen Respekt hat, habe ich doch im Laufe der Jahre als Therapeutin bemerkt, dass es noch eine andere Option gibt – für das Wohl von Mensch, Tier und Ökosystem – als die einseitige Entscheidung für eine der oben genannten Formen weglassender Ernährung. Diese andere Option ist das Ordnen der Nahrung – verbunden mit einem bewussten Blick auf die Herkunft der Zutaten.
Warum Ordnen besser ist
Faszinierenderweise habe ich im Laufe der Jahre all die Verbesserungen, die wir aus dem Wechsel auf eine der oben genannten Ernährungsformen kennen, auch beim Ordnen der Nahrung beobachten können. Gleichzeitig bleibt die Freiheit, spontan in der Welt unterwegs sein zu können und das zu essen, was Natur oder Kultur hervorgebracht haben. Lebensmittelharmonie ist der Begriff, der das Ordnen der Nahrung bezeichnet. Ich habe diese Begriff gewählt, als mir im Laufe der Jahre der harmonisierende Effekt einer geordneten Nahrung immer, immer deutlicher wurde.
Was ordnen wir dabei?
Wir ordnen nicht nach Wirkstoffgruppen, also nach den Inhaltsstoffen der Nahrung. Wir ordnen im weitesten Sinne nach der Wirkung, die Nahrungsmittel auf uns ausüben. Dabei erleben wir zum Beispiel die Gemüse als Grundnahrungsmittel für unsere Geschmeidigkeit und für unsere jugendliche Frische. Wir erleben zum Beispiel die Hülsenfrüchte, aber auf Wunsch auch Eier, Milch, Käse, Fleisch oder Fisch aus ökologischen Quellen als wertvolle Baustoffgrundlage für unseren Organismus. Und wir erleben zum Beispiel die Gräser und die Getreide als Brennstoffmaterial für unsere Aktivität, unsere persönliche Power.
Alle gewachsenen und natürlichen Lebensmittel aus ökologischer Herkunft stehen uns also buchstäblich als Grundnahrungsmittel zur Verfügung. Wir können – müssen aber nicht – uns aus dem ganzen Bouquet natürlicher Nahrungsmittel zu bedienen. Es bleibt dabei viel Platz, um ethischen und ökologischen Prinzipien Rechnung zu tragen. Die Harmonie entsteht dadurch, dass wir Bewusstheit ins Essen bringen und mit schlichten und ehrlichen Kombinationen uns einerseits sättigen und anderseits tief bis auf die Zellebene nähren.
In den folgenden Newsletterausgaben des „Grünen Lichts“ werden wir uns den einzelnen Gruppen und ihrer Bedeutung und Wirkung weiter zuwenden.
Anne Lohmann
P.S.: Seit Juli 2019 steht das Grundlagenwissen zum Ess Kultur Pur Konzept der Lebensmittelharmonie nun auch als Online Kurs zur Verfügung.
*****
Du bist zum ersten Mal hier? Du willst mehr wissen über die Zusammenhänge von Essen, Wohlbefinden und Lebensqualität? Dann melde Dich gleich hier an zu meinem Newsletter, dem „Grünen Licht“:
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von klicktipp.s3.amazonaws.com zu laden.
Aus Freude über Deine Anmeldung schenke ich Dir meinen sechstägigen, kostenlosen E-Mail-Kurs zur Lebensmittelharmonie. Jeden Tag erreicht Dich dabei ein entscheidender Tipp rund um die Ordnung Deiner Nahrung und um Dein Leben mit Pflanzen.