Schon fast wieder Mittsommmerzeit! Wieviel Stunden dieses Frühlings haben wir den Frühling auf der Haut gespürt? Welche Pflanzen haben wir wirklich täglich kommen und gedeihen sehen? Die Amselkinder im Nest hinter unserer Haustür sind gestern flügge geworden. Der Sommer wartet nicht auf uns …
Wo kommt unsere Kraft her?
Ganz klar, von draußen. – Jede Stunde mit sanftem Sommerwind um die Nase, jeder Sonnenaufgang, jede Dämmerung – die wir bewusst erleben – und jedes Grillenzirpen bringt in uns etwas zum Klingen. Ein Klingen, das wir brauchen. So wichtig, wie das tägliche Brot. Das, was da ins Schwingen kommt in uns, wenn wir „Natur pur“ spüren, das ist mehr als Nahrung. Das ist Lebenselexier.
In der Generation meiner Großeltern saßen die Menschen in den Dörfern am Abend vor ihrem Haus, blickten über Garten und Felder und erlebten die Dämmerung, ganz natürlich. Und wenn es dunkel war, dann gingen sie schlafen!
Heute müssen uns die Chronobiologen sagen, das schon eine einzige störungsfrei erlebte Dämmerung unsere inneren Uhren wieder „in tune“ mit den kosmischen Rhythmen von Mond und Sonne bringen kann – und dass das gesund für uns ist. Für unser Immunsystem, für unser Hormonsystem, …, ganz so, als ob wir nur aus „Systemen“ bestünden.
Viele meiner Patienten berichten mir, dass die Jahreszeiten an ihnen vorbei ziehen. Sie schauen aus Fenstern von Büros, von Schulen, von Praxen oder von Kanzleien – und das Jahr zieht vorbei. Man möchte es so gerne genießen, doch ehe man sich versieht, ist die lang ersehne helle Jahreszeit schon wieder dabei, sich zu verabschieden.
Wenn „draußen“ nur noch im Urlaub geht, oder auf dem Heimweg zwischen Feierabend und häuslichem Abendprogramm, dann leisten wir Erschöpfungskrankheiten Vorschub. Auch das Handy muss man ja mal laden. Und wann kommen wir an die „Steckdose“?
Leute, die es anders machen
Leute, die es anders machen, die gibt es auch. Und es sind nicht nur die Gärtner, Förster oder Postboten. Wer sich darüber klar geworden ist, dass „draußen“ das Leben ist, der wird kreativ werden. Zu Pfingsten habe ich einen Wildkräuterkochkurs in der Nähe von Murnau mitgemacht. Bettina Müller, die ihn gehalten hat, hat das einfache Leben in der Natur zu ihrem Lebenskonzept gemacht. Sehr kreativ, sehr ästhetisch, sehr einfach und dabei sehr kostbar. Hat mir gut gefallen. Schau’ mal unter www.bettina-a-mueller.de. Nicht zu schön, um wahr zu sein. Doch jeder möchte da seine eigene Form finden, um die Nase mehr in den Wind halten zu können. Ein bewusst gewähltes Hobby, ein fester „Naturtag“ am Wochenende, ein MIttagsspaziergang im Park vor dem Büro – das ist doch ein Anfang. Und wenn scheinbar gar nichts davon geht, dann bleibt immer noch eins:
das „draussen“ nach „drinnen“ holen
Gestern war ich mit einer inspirierten Gruppe von Teilnehmern wieder einmal in meinem geliebten Heilpflanzengarten von Schloss Türnich. Wir haben die Nasen tief in die Pflanzen gesteckt, haben geschaut, gefühlt, geschmeckt, verglichen, habe gemeinsam gelernt. Und sind erfüllt von der Schönheit und Vielfalt der Pflanzen nach Hause zurück gegangen. Das Gute an Pflanzen ist – wir können sie mitnehmen!
„immer zuerst nach draußen“
Das ist im Moment mein Lebensmotto. Mindestens vor jeder Mahlzeit (auch am Morgen) gehe ich – und wenn es auch nur kurz ist – raus! Und schaue, was ich dort finde. Noch können wir wahrlich aus dem Vollen schöpfen, ehe die Trockenheitsphase des Hochsommers kommt. Eine Handvoll Pflanzen ist immer da und freut sich, wenn wir sie sehen und nutzen. (Ehrlich, Pflanzen freuen sich, Sie dürfen es mir glauben.) Da sind jetzt reichlich Gänseblümchen auf dem Rasen, Gundermann rund um die Hochbeete, allerlei Küchenkräuter in Kästen und Beeten. Die gelben, ausgezupften Löwenzahnblüten machen sich super im Salat. Die kugeligen Samenstände des Bärlauchs, der jetzt noch da ist, schmecken phantastisch in Ziegenkäse oder Kräuterbutter. Birkenblätter können wir zum frischen Tee aufgießen, Sommerlindenblätter pur in den Salat schnippeln. Und dann erst die Blüten! Geranien- und Tagetesblütenblätter kann man essen (wenn bio). Einfach abpflücken, kurz bevor sie anfangen, eh zu welken. Lavendelblüten aromatisieren ein Dessert. Rosenblütenblätter passen toll über Erdbeeren mit Sahne und roter Grütze … Da fängt der Sommer an, IN IHNEN zu leuchten. Übrigens – wenn kein Garten da ist, dann tut’s auch der Balkon. Oder sogar die Fensterbank. Für einen Kasten mit ein paar Blüten und Kräutern ist kein Haushalt zu klein.
Und dann ist da noch die „blaue Stunde“. Schon 10 Minuten Dämmerung, in der wir „einfach nur da sind“, nichts tun, innehalten, den Vögeln lauschen, ehe sie schlafen gehen – machen einen Unterschied.
Probieren Sie’s doch mal aus.
Herzlichst,
Ihre Anne Lohmann
P.S.: Dieses Grüne Licht Nr. 3 finden Sie hier zum Lesen, Ausdrucken und Weitergeben auch noch als schön gestaltete einseitige PDF.
Danke für deinen wirklich tollen Artikel liebe Anne. Ich lebe genau nach deinem „Draußen“ Motto und genieße jede Minute davon. Hab einen schönen Sommer. Liebe Grüße Jana