Kinder am Tisch - das ist Vergnügen und Herausforderung zugleich. Denn nicht alles, was wir wollen, dass sie essen sollen, wollen sie auch essen! Was nicht heißt, dass sie nur essen sollten, was sie essen wollen ;-). Diesen Spagat aufzulösen schafft man nicht mit gutem Zureden, sondern mit dem Erschaffen eines soliden Ernährungsrahmens, in dem das Kind sich - in jedem Alter - wie selbstverständlich und im Grunde unbemerkt bewegt. Im zweiten Teil der Ess Kultur Pur Serie zur Kinderernährung lernst Du hier wieder drei Fallen kennen, die Du dabei besser von Anfang an umgehst!
Falle Nummer vier
"Zu viele Kohlenhydrate"
Keine Frage - Kinder sind im Wachstum und können viel Substanz dafür gebrauchen, von denen ihnen die Kohlenhydrate einen Großteil in leicht verfügbarer und leckerer Form geben. Doch die Sache hat einen Haken. Kohlenhydrate verlangen nach immer mehr vom gleichen - sie lösen einen gewissen Suchteffekt aus. Das heißt: kennt man sie einmal, will man immer mehr davon und möglichst in immer leichter verfügbarer Form.
Womit wir beim Heißhunger auf Süßigkeiten, Weißmehl, Pizza und Nudeln angelangt wären. Der Grund ist schnell erklärt: tatsächlich werden Kohlenhydrate ja auf dem Insulinweg verstoffwechselt, d.h. jede Mahlzeit dieser Art braucht die Produktion von Insulin durch die Bauchspeicheldrüse, damit der Zucker aus dem Blut in die Zellen kommt. Dadurch fällt der Blutzuckerspiegel danach ab - und das übersetzt der Körper in „bitte weiter essen“. Und zwar vom gleichen.
Wer sein Kind also fünf mal am Tag Kohlenhydrate anbietet, muss sich nicht wundern, dass es total darauf steht. Und das geht - unbemerkt - schnell: fünf mal am Tag eine Mahlzeit aus dem Roten Bereich der Lebensmittelharmonie: z.B. Frühstücksbrötchen, Pausenbrot, Nudeln zu Mittag, Eis oder Kekse am Nachmittag und ein Abendbrot - und schon sind wir da.
In der Lebensmittelharmonie trainieren wir da einen anderen Weg - und der heißt: mehr Lebensmittel wählen aus dem Grünen Bereich und aus dem Blauen Bereich. Also z.B. mehr Rohkost, mal Hülsenfrüchte, mehr Nüsse, mal Obst ohne Müsli, gelegentlich mal Fleisch oder Fisch (ohne Nudeln) oder ein Ei, mehr Saaten, mal Yoghurt und Quark (ohne Kristallzucker oder Cornflakes). All dies und dergleichen mehr, kann und sollte von Anfang an auch in den Tagesplan des Kindes eingebaut werden. Mindestens einmal pro Tag sollten Angebote dieser Art eine Mahlzeit aus dem Roten Bereich komplett ersetzen.
Das erweitert nicht nur das Geschmacks- und Akzeptanz-Spektrum der Kinder, das versorgt sie auch viel besser und es holt sie raus aus der hausgemachten Heißhungerschleife und rein in eine erheblich vergrößerte Akzeptanz von Nahrungsmitteln aller Art. Tut übrigens auch Erwachsenen gut!
Die Kohlenhydratfalle ist übrigens auch die Crux fast aller Kitas, Caterer und Schulküchen, die ja gar nichts anders anbieten, weil angeblich die Kinder nichts anderes essen. Wessen Kind aber fünfmal pro Woche in der Schulküche verköstigt wird, der kann darauf achten, dass zu wenigstens einer Mahlzeit (zum Bespiel am Abend zuhause) Alternativen auf dem Speiseplan stehen. Auch da wächst man rein. Eltern - und Kind einfach mit.
Falle Nummer 5
"zu wenig variable Angebote an Geschmacks- und Geruchs-Sinn"
Essen ist Auseinandersetzung mit der Welt. Alles was neu und fremd ist, muss zunächst mit Händen befühlt, ertastet, dann mit der Zunge erkundet und vorsichtig erschmeckt werden. Evolutionär ist das sinnvoll, denn neben der Erfahrung der anderen geben vor allem die Sinne uns Auskunft darüber, ob das zu Essende vermutlich wohltuend oder womöglich gefährlich ist.
Wer sich nun auf Nudeln, Pasta, Pizza, drei Lieblingsgemüse und Süßkram eingeschossen hat, der erkundet nicht mehr, sondern konsumiert nur noch. Mehr vom gleichen bringt weder dem Körper noch der Seele nennenswerten Gewinn. Essen ist nur dann spannend, wenn es ein Auseinandersetzungsprozess bleibt mit neuen Sinneseindrücken und auch mit immer wieder neuen Arten der Zubereitung bereits vertrauter Lebensmittel.
Im Nebeneffekt erhält unser Körper bei einem reichen Duft- und Geschmacksspektrum auch ein reiches Bouquet primärer und sekundärer Pflanzenwirkstoffe, sprich - er wird sehr gut versorgt. Und die Seele des Kindes tastet sich dabei gleichsam mutig vor in die Welt, und im Erkennen des Anderen wird sie sicherer im Bestimmen und Erkennen des Eigenen.
Sprich - eine starke Persönlichkeit kann sich auch mutig neuen und starken Geschmacksrichtungen stellen. Oder andersrum: zur Bildung einer starken Persönlichkeit brauchen wir den Boden eines differenzierten und reich ausprobierten Geruchs- und Geschmackssinns.
Wir tun also auch aus dieser Hinsicht unseren Kindern keinen Gefallen, wenn wir ihnen immer wieder neu NUR das kochen, was sie eh schon mögen. Sondern wenn wir selbst mit Entdeckungslust und Interesse immer wieder auch neue Gewürze und Aromen in unsere Mahlzeiten aufnehmen, werden die Kinder uns darin interessiert und mehr und mehr begeistert folgen.
Entdecken wir also grade das, was jenseits des Mainstreams zu haben ist: Kräuter von der eigenen Fensterbank, alte Gemüsesorten aus dem eigenen Garten, Tee oder Pestos aus Wildkräutern, Marmeladen aus Wildobst oder auch die jeweiligen Spezialitäten von Ländern und Orten, die wir bereisen. Damit machen wir unsere Kinder stark.
Fehler Nummer 6
"zu wenig Frischkost"
Die meisten Erwachsenen können Rohkost wenig abgewinnen. Allenfalls im Salat ist Gemüse in roher Form akzeptiert, also auf die eine oder andere Weise mit Soße getränkt. Bei Kindern ist das grundsätzlich anders. Wer früh genug damit anfängt, wird erleben, dass jedes Kind begeistert und stundenlang an eine Möhre knabbert, eine ganze Gurke in die Hand nimmt und einfach abbeißt, rohen Blumenkohl wegzischt und Salatblätter auch mal ohne Soße haben will. Kein Kindergeburtstag, bei dem eine Rohkostplatte nicht fraglos aufgefuttert würde.
Die meisten Erwachsenen allerdings ermuntern die Kindern vor allem, den zubereiteten Familienmahlzeiten am Esstisch in ausreichendem Maße zuzusprechen, wobei Gemüse (ohne Soße) und ungekocht kaum vorkommt. Damit wird die natürliche Intuition des Kindes, nach dem Frischen zu greifen, mit der Zeit zugekleistert. Und das solange, bis es ganz auf dem Erwachsenen-Trip ist und Gemüse roh „nicht mehr mag“.
Nur mit rohen Gemüse (und Obst) allerdings erhalten wir die lebensnotwendige Versorgung mit den hitze-instabilen Vitaminen, z.B. Vitamin C, B1 und B5. Nur im rohen Gemüse erhalten wir außerdem die entzündungshemmenden Enzyme der Pflanze, die ab einer Zubereitungstemperatur von 42 °C zerstört werden. Und nur rohes Gemüse ist noch so lebendig, dass es (prinzipiell) „weiterwachsen“ kann, aus seinen Samen also z.B. neues Leben entstehen kann.
Erhalten wir also unseren Kindern ihren natürlichen Hang zur Frischkost, indem wir auch über das Kleinkindalter hinaus Zwischenmahlzeiten und Vorspeisen in Form von frischer Rohkost anbieten. Auch uns Erwachsenen tut das gut, denn wer so frisch und knackig bleiben will, wie eine junge Möhre, der muss sie halt einfach hin und wieder mal essen ;-)))
Soviel für heute. Falle sieben, acht und neun findest Du im nächsten Newsletter. Schau' auch hier in Teil eins der Reihe gesehen? Bei Fragen oder Anmerkungen darfst Du Dich gerne an mich wenden.
Herzlichst, Deine
Anne
P.S.: Und weiterleiten nicht vergessen an alle Mamas, Papas, Omas und Opas, die ihr (Enkel-)Kind mit gutem Essen stark machen wollen.
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