Kinder in einen gesunden Ernährungskosmos hinein zu navigieren, scheint ein Ding der Unmöglichkeit geworden zu sein. Jedenfalls ist es das, was mir Eltern, insbesondere Mütter, berichten. Die Klagen lauten vor allem: sie wollen und essen zuviel Süßigkeiten, zu wenig Gemüse, sie mögen nur Nudeln, Kartoffeln oder Pizza, sie sind zu wählerisch und verweigern zu viel. Mütter müssen für sie extra kochen. Sie essen keinen Salat oder sind einfach überhaupt sehr eigen. Bisweilen essen sie auch gefühlt zu wenig. Jedenfalls von den gesunden Sachen.
Die 12 wichtigsten Fehler
Anhand der 12 wichtigsten Fehler in der Kinderernährung werde ich Dir - heute und in den drei nächsten Newslettern - Schritt für Schritt zeigen, was aus der Perspektive der Lebensmittelharmonie hilft, um da grundlegend auf das richtige Gleis zu kommen. Am besten von Anfang an. Aber auch wenn Du schon Jugendliche mit am Tisch hast, hilft Deine klare Haltung, zu retten, was zu retten ist ;-).
Essen ist Gewöhnung
Was uns Erziehenden zuspielt ist der Umstand: unsere Neigung zu bestimmten Nahrungsmitteln ist vor allem eins - das Ergebnis von Gewöhnung. Asiaten finden es total normal, Hühnersuppe zum Frühstück zu essen. Die meisten Mitteleuropäer können sich ein Leben ohne das Weißmehlbrötchen auf dem Frühstückstisch nicht vorstellen. Das heißt:
a) wir essen das, was wir gewöhnt sind. Weltweite Studien zeigen, wenn wir etwas 10 x gegessen haben, mögen wir es beim 11. Mal. Der dänische Geschmacksforscher Per Möller sagt dazu:
"Ein Mensch mit gutem Geschmack ist für mich jemand, der Lebensmittel zu sich nimmt, die wertvoll für seinen Körper sind. So jemand muss sich nicht dazu zwingen, Gemüse zu essen. Er hat gelernt, es zu mögen.
Außerdem hat diese Fähigkeit etwas mit Vielfalt und Abwechslung zu tun. Wenn man immer nur Hamburger, Kuchen oder langweilige Sandwiches isst, ist das für mich keine "Geschmackssache", sondern ein Zeichen für einen schlecht ausgebildeten Geschmackssinn."
b) Essen hat eine hohe soziale Komponente. Wir sind als Menschenwesen auf Teilhabe angelegt. Wir wollen und müssen bis zu einem gewissen Grad das tun, was unsere Community tut. Niemand möchte auf Dauer immer in der Extraportion rumstochern, die ihn von der gemeinschaftlichen Genusserfahrung der anderen trennt. Entweder wir ändern also unser Essen, oder wir ändern unsere Community!
Und tatsächlich ist das genau, was zu 90 % passiert, wenn jemand aus der Familie sich für einen neuen Ernährungsweg entscheidet. Entweder er fällt irgendwann zurück und lässt es bleiben. Oder es gelingt ihm, die anderen auf die Reise mitzunehmen. Beginnen wir also bei den Kindern:
Falle Nummer eins:
"Mein Kind mag das nicht, also gibt's das bei uns nicht mehr."
Kannst Du Dir vorstellen, dass ein Chinese aufhören würde, seinen geliebten "Feuertopf" zu kochen, weil es dem Kind zu scharf ist? Oder dass eine italienische Mama keine Minestrone mehr macht, weil ihr Kind kein Gemüse mag? Never ever!
Wie sind wir bloß darauf gekommen, den Kindern die Hoheit über die Speisenauswahl zu überlassen? Fakt ist: Kinder wachsen in Ernährung hinein. So wie sie in die nächste Schuhgröße hinein wachsen. Und sie orientieren sich dabei an Deinem Genuss. Wenn Du das, was Du isst, interessant und lecker findest, wird es dadurch für Dein Kind interessant und lecker. Und weil es Dich liebt, will es lieben, was Du isst.
Deshalb fang' so früh wie möglich damit an, Dein Kind bei jeder Mahlzeit kleine Portionen von was Neuem probieren zu lassen, und das dann immer wieder - bis es der neuen Geschmacksrichtung "standhalten" kann. Es wird stolz darauf sein.
Falle Nummer zwei:
"Kinder ohne Hunger essen lassen"
In unserer Kultur haben wir den Luxus und den Fluch, die Kinder zu überfüttern. Wer um 10.00 Uhr in der Schule noch eine Riesen-Box mit Broten, Äpfeln, Nüssen und Pausenriegeln gegessen hat, kann es sich leisten, am Mittagstisch wählerisch zu sein. Wer am Nachmittag noch das süße Teilchen oder den Griff in die Süßigkeitenschublade tun durfte, kann es sich leisten, am Abendbrottisch das Gemüse zurückzuweisen.
Sorge dafür, dass die Zwischenmahlzeiten klein bleiben und auf jeden Fall ohne isolierte Kohlenhydrate wie Zucker oder Weißmehl gestaltet sind. Hunger zu haben ist gesund und biologisch notwendig. Es ist ein früher Beitrag für eine lebenslang gesunde Bauchspeicheldrüse und es macht den Koch oder die Köchin glücklich, wenn alle am Tisch mit Appetit essen!
Falle Nummer drei:
"Essen thematisieren"
Essen ist eine Bauchsache. Da sich bei uns Erwachsenen - kulturbedingt - eine ziemliche Menge ziemlich tragischer Fehler in unsere Essgewohnheiten eingeschlichen haben, dürfen und sollten wir erstmals in unserer Evolution als Mensch über Essen mal nachdenken. Und lernen, was wirklich wichtig ist, was wirklich zählt, was uns schadet und wie wir das verändern können.
Für unsere Kinder gilt das nicht! Für sie soll das Essen die intuitive Erfahrung sein und bleiben, die es seit Jahrmillionen gewesen ist. Sprüche wie "das ist gesund" helfen nicht nur nicht. Sie schaden. Noch schlimmer ist die Analyse: "Das hat zu viele Kohlehydrate." Oder "Das ist gesund wegen der Vitamine."
Fang' gar nicht erst damit an. Es reicht, wenn Du das weißt. Für Dein Kind darf und soll das Essen vor allem eins sein und bleiben: eine sinnliche Erfahrung. Je früher Du beginnst, es mit Fakten zu behelligen, desto mehr nimmst Du Deinem Kind den spielerischen und ungezwungenen Umgang mit seinem Essen. Das könnte im schlimmsten Fall sogar später zu Ess-Störungen führen. Bestenfalls nutzt es einfach nix.
Frühestens ab der Pubertät, wenn der Forscherdrang erwacht, darfst Du Dein gewachsenes Ernährungswissen behutsam beginnen, mit Deinem Kind zu teilen. Aber bis dahin ist die Ernährungsprägung sowieso gelaufen.
Dann kann und darf der Kopf mit ins Spiel kommen, wenn es dann noch was zu ändern gibt. Doch selbst dann noch gilt: Essen ist Kontext und Nachahmung. Mach' es gut für Dich - und Dein Familiensystem wird folgen. Oder mach' es gut für Dich - und lass' die anderen los. Sie sind schon groß - und werden ihre eigenen Wege finden.
Soviel für's erste. Die Fehler vier, fünf und sechs findest Du im nächsten Newsletter. Bis dahin wünsche ich Dir entspannte, lustige und abwechslungsreiche Mahlzeiten mit den Deinen. Egal, ob sie nun klein oder groß sind 😉
Herzlichst, Deine
Anne
P.S.: Weiterleiten nicht vergessen: an alle Mamas und Papas, Töchter und Söhne, die auch grübeln, wie man's am besten macht.
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